Hast Du Angst vor der Dunkelheit? Spürst Du, wie sich die Kehle zuschnürt und der Angstschweiß an Deinem Rücken herunterläuft? Es gibt ihn wirklich – den schwarzen Mann!
Stephen King ist bekannt für seine “schrecklichen” Geschichten und Erzählungen. In den 80er Jahren blühte er regelrecht auf und gewann eine große Fangemeinde für sich (obwohl er diese sicherlich schon in den 70er Jahren “einsammelte”). “ES” bildet hier sicherlich einen echten Meilenstein. Was mit “Carrie” begann, wird hier in noch beängstigender Form fortgesetzt. Dieser Roman – einer seiner umfangreichsten Werke – sorgte bei mir schon beim ersten Mal des Lesens für Gänsehaut (und ja: ich hab mein Nachtlicht brennen lassen!).
Derry, eine kleine verschlafene Stadt in Maine, U.S.A. Die Geschichte beginnt mit einem Stadtfest an der Stadtgrenze und einem Mord – dieser soll jedoch nicht der letzte bleiben. Die vermeintlichen Täter, welche von der örtlichen Polizei in Gewahrsam genommen worden sind, schildern sehr wirre und fast verrückte Darstellungen des Tatherganges. “Es war da dieser Clown – keine Ahnung, was der da unten im Kanal getrieben hat. Aber er war es!”
Dieser Clown, Pennywise, ist bereits in der Vergangenheit aufgetreten. In den 50er Jahren kreuzen sich die Wege von ihm und sieben Kindern, die aus den verschiedensten Familien stammen. Eine der Figuren in diesem Roman würde wohl zu den sieben Freunden sagen:
“Sieh an – der Jude, der Stotteraugust, die Zopfliese, das fette Schwein, der Nigger, der Schwindsüchtige und die Brillenschlange – der Club der Verlierer!”
Die wohl wichtigste Person dieser Erzählung, ist dieser “Club” an sich! Denn stets beschreibt Stephen King die einzelnen Personen und deren “Leidensgeschichten” bis ins kleinste Detail, ohne jedoch die Gruppe und deren Freundschaft zueinander zu vernachlässigen. Ganz egal, ob es sich dabei um Bill Denbrough und seinen harten Schicksalsschlag handelt, oder auch um Beverly Marsh und ihren jähzornigen Vater. Alle sieben Freunde (Beverly, Bill, Ben, Mike, Ritchie, Stan und Eddie) sind im Verlauf der Erzählung “die Gemeinschaft”, die hier beschrieben wird.
Detailreich und mit einer Spannung, die fast greifbar ist, erzählt uns King eine Geschichte, die uns mitfiebern, hoffen und auch lachen lässt – auch wenn es uns manchmal im Halse stecken bleibt.
Neben diesen Protagonisten gelang Stephen King jedoch ein weiterer Geniestreich. Er fügte “Zwischenspiele” im Roman ein. Diese Kapitel zeichnen weitere Personen und Taten nach, die für diese Erzählung sehr wichtig sind. So wird zum Beispiel davon berichtet, dass “ES” schon weitaus länger in der Gegend um Derry tätig war – viel länger. Derjenige, der diese Geschichten und Erzählungen aufzeichnete und sammelte, war im Roman Mike Hanlon. Dieser Junge ist – neben Bill – der “Mann des roten Fadens”. Er navigiert uns Leser durch die Geschichte und versucht Licht ins Dunkel zu bringen.
Selten habe ich einen Roman gelesen, der mich so schockierte und fesselte. Das erste Mal las ich diesen “Schinken”, als ich 15 Jahre alt war. Noch immer besitze ich dieses Werk (was man auch gut am Zustand des Einbandes erkennen kann). Ich muss zugeben, dass ich diesen Roman irgendwann wieder lesen werde – um mich “zu gruseln und zu amüsieren”.
Stephen King hat allerdings auch seine typischen Schwächen – allerdings nicht in diesem Werk! Ihm gelingt von Anfang an eine spannende Geschichte zu erzählen. Sie ist packend und angsteinflößend. Das Ende ist einfach typisch King. Wer nach über 1200 Seiten noch immer der Meinung ist, dass Stephen King nicht zu den renomiertesten Autoren der Gegenwart zu zählen ist, sollte vielleicht noch weitere Bücher dieses Mannes lesen und mit “ES” vergleichen. Neben seinem vielgerühmten Erstling “Carrie” gehört für mich “ES” zu den besten Erzählungen, die er je veröffentlichen ließ.
Ja – es wird sicherlich unter den Lesern ein paar kritische Töne zu diesem Werk geben, da es Passagen in der Geschichte gibt, die äußerst “grenzwertig” erscheinen. Dies ist jedoch fast eine Art Markenzeichen des Autors. Für mich ist es nach langen Jahren wieder eine Art Rückführung der “alten Zeiten” gewesen – ich erinnerte mich daran, wie ich zusammengekauert auf meinem Bett saß und dieses Werk verschlang (immer mit brennnendem Licht und geschlossenen Fenstern!).
Abschließend bleibt eines noch festzuhalten: “ES” war der Roman, der mich zum King-Fan werden ließ. Neben dem Genre Fantasy gesellte sich nun auch der Horror zu meinen Leseerfahrungen hinzu. Ich glaube, dass ich keinen besseren “Horrormärchenerzähler” hätte finden können, als Stephen King!
x Autor/in: Stephen King
x Titel: ES
x Genre: Thriller/Horror
x 1210 Seiten, 14. Auflage 1990
x Heyne Verlagsgruppe Random House
x ISBN: 345309994X
*aus dem Original-Beitrag vom 23. Oktober 2011
Bei mir war Es eines der letzten Bücher von King, ein würdiger Abschluss.
Na da bin ich ja gespannt, mit welchen Geschichten von King Deine ganz persönliche „Horror-Geschichte“ begonnen hat. 😉 Derzeit lese ich noch „Doctor Sleep“, während „Mr. Mercedes“ in der Warteschlange steht. Was mir vor kurzem zum wiederholten Male aufgefallen ist, sind die teils großartig gestalteten Werbetrailer für einen neuen Roman von Stephen King. Da geben sich die Herausgeber wirklich allerhand Mühe.
Lieber Oliver,
ich finde zwar Deine Besprechungen zu King ganz wunderbar, aber es erschließt sich mir immer noch nicht, warum man den Kerl lesen sollte. Jedesmal, wenn ich es versuche, geht mir nach wenigen Seiten die Luft aus, will sagen, die Art zu Schreiben und mit Inhalten umzugehen interessiert mich nicht die Bohne. Was mich allerdings wirklich interessieren würde ist, warum sich so viele Menschen anscheinend so gerne gruseln. Was z.B. Hat man davon, wenn man nach der Lektüre vor Angst oder was immer es auch sein mag, nicht schlafen kann oder wenigstens das Licht anlassen muss.
Ratlos grüßt Dich der Kai
Hallo Kai!
Stephen King wurde mir in meinen Jugendtagen das erste Mal als „Bettlektüre“ gereicht. „Dead Zone – Das Attentat“ war mein erster King-Roman. Für alle Romane aus Bangor, Maine gilt eine Tatsache: Der Beginn mag etwas zäh wirken, doch wehe der Autor kommt in Fahrt – dann schnall´ dich lieber an! 😉
In den letzten Jahren ist auch King reifer und auch sozialkritischer geworden – wobei sich dies auch in vielen „älteren“ Werken wiederfindet. Geschichten wie „Die Arena“ (übrigens: eine sehr gelungene Serienadaption – „Under the Dome“) oder „Der Anschlag“ spiegeln nicht nur den Zeitgeist wieder – man erkennt unglaublich viele Parallelen zum eigenen Schaffen.
Gib´ dem Mann einfach mal ´ne Chance, Buddy! 😉
Empfehlungen wären da schnell genannt: „Carrie“ (ein ABSOLUTES MUSS!), „ES“ (war doch klar, oder?) und die bereits genannten Geschichten „Die Arena“ und „Der Anschlag“. Wenn du nach diesen Büchern noch immer nicht überzeugt bist, … 😉
Es grüßt,
der Olli