Wie in jedem Jahr so auch in diesem habe ich die Ingeborg-Bachmann-Preisverleihung 2015, angefangen mit der Rede von Peter Wawerzinek, vom 01. Juli bis zum 04. Juli entweder im Livestream oder über 3sat mitverfolgt. Insgesamt sind 14 Autoren mit unveröffentlichten Texten angetreten.
Interessant ist immer, in wie weit die eigene Meinung mit der der fachkundigen und geschätzten Jury zusammenpasst oder auseinanderdriftet.
Alles war wie immer, einzig mit der Ausnahme, dass wir in der Jury auf neue Gesichter trafen. Auch wenn ich persönlich dem Weggang der Literaturkritikerin Daniela Strigl ja noch immer nachtrauere: Das Einschalten hatte sich gelohnt!
Heute am 05. Juli hatte die Jury über die Preisvergaben der 39. «Tage der deutschsprachigen Literatur» abgestimmt. Der Hauptpreis, benannt nach der österreichischen Autorin Ingeborg Bachmann (1926-1973), ist mit 25.000 Euro dotiert und ging in diesem Jahr an die Dichterin und Spoken Word-Poetin Nora Gomringer. Sie dankte allen, die ihr den Preis gönnten und fügte hinzu: “The points are not the point. The point is poetry.”
Ihr vom Publikum frenetisch bejubelter Vortrag mit dem Text „Recherche“ wurde am 04. Juli mit dem Auftritt und Text „Oh, Schimmi“ von Teresa Präauer verglichen und kontrovers diskutiert. Als außenstehende Beobachterin hatte ich das Gefühl, dass sich Teresa Präauer, Nora Gomringer und Valerie Fritsch ein hartes Stechen um die erste Platzierung liefern würden. Dass sich alles drehen und wenden kann, wurde mit der Abstimmung und Vergabe aller weiteren Preise immer deutlicher. Valerie Fritschs Text hingegen ist in den Augen des Jurors Klaus Kastberger ( Professor der deutschsprachigen Literatur) der literarischste von allen. Sie sahnte den mit 10.000 € dotierten Kelag-Preis ab und bekam obendrein den Publikumspreis mit 7000 € verliehen. Der 3sat-Preis in Höhe von 7500 € ging an die sympathische Schriftstellerin Dana Grigorcea.
Review:
Ich finde die Texte waren insgesamt, angefangen mit den unterschiedlichen literarischen Gattungen, den stilistischen Elementen und der Art des Vortragens – die Themen natürlich mit eingeschlossen -, nie so facettenreich und wohltuend anders, wie je zuvor. Als der Juryvorsitzende Hubert Winkels in seiner abschließenden Rede von einem starken Jahr sprach, mochte ich diesen Satz am liebsten doppelt und dreifach unterstreichen.
Auf meiner Liste ganz oben stand tatsächlich Nora Gomringer, gefolgt von Dana Grigorcea und Teresa Präauer. Auch Jürg Halters lyrischer Text hatte meines Erachtens nach das Zeug, ganz oben mitzumischen. Nicht unter den Teppich kehren möchte ich die gesellschaftliche und politische Message, die wir aus Falkners sogenanntem Manifest „KRIEGER SEIN BRUDER SEIN“ entnehmen können. Tatsache jedoch ist, dass über dieses Thema in der Vergangenheit bereits viel erzählt und geschrieben worden ist. Und wir wissen: Der Mensch neigt dazu, schnell zu vergessen und alles Gegenwärtige fühlt sich wie bereits erlebt an. Daher die vielen Wiederholungen im Text.
Nora Gomringer, Valerie Fritsch und Dana Grigorcea im Interview.
Wer mehr über Nora Gomringer und ihre Arbeiten erfahren möchte, sollte unbedingt ihre Homepage besuchen.