Märchen – sie erzählen uns Geschichten aus einer Welt, die es so nie gegeben hat und wohl auch nie geben wird. Das besondere an diesen Erzählungen ist jedoch, dass wir uns und unsere eigenen Werte und Wünsche vor Augen führen. Wer hat denn nicht als Kind von Rittern oder Elfen geträumt? Wer kennt nicht die böse Hexe, welche uns in unseren ersten Albträumen aufsuchte?
Märchen sind zeitlos – selbst in den kommenden hundert Jahren werden wir uns an den schaurig schönen Geschichten und Sammlungen der Gebrüder Grimm und Morgenstern erinnern und diese an eine neue Generation weitergeben. Warum ist das so?
Werte und Normen passen sich oft der „aktuellen“ Kulturlandschaft an – sie sind einem stetigen Wandel unterzogen. Tatsache ist jedoch eines: Der „kindliche“ und unerschütterliche Glaube an das Gute! Als wir klein waren, wurden die meisten von uns im Glauben erzogen, dass das Gute über das Böse siegen würde. Wir „verpackten“ dies in unterhaltsame Geschichten. Wir verglichen unser eigenes Handeln mit den Ideen und Wünschen der nachfolgenden Generation. Schriftsteller und schaffende Künstler in den Bereichen Musik und Film zeigten uns, dass dieser Glaube zeitlos ist. Ich denke, dass diese Sicht- und Denkweise stets zeitgemäß und daher – vollkommen zu recht – zeitlos ist.
Letztlich lieben wir Märchen, da sie stets ein gutes Ende mit sich bringen. Wir fiebern mit den Helden mit, wir sind über die Boshaftigkeit der finsteren Charaktere einer Erzählung erschüttert und wir freuen uns umso mehr, wenn das gute Ende endlich zum Greifen nahe zu sein scheint.
Alltagssorgen und unsere „reale Welt“ sind oftmals trostlos. Aussagen wie „Nachrichten? Ich brauche die doch nicht! Es gibt doch ohnehin keine schönen Nachrichten!“ kennen wir letztlich gut genug. Eine Flucht in die Traumwelten ist daher eine willkommene Abwechslung.
Ich bin gespannt, wie ihr da draußen zu Märchen steht. Was sind denn eure Lieblinge? Versetzt euch einfach zurück in eine Zeit, in der die Welt ohne Sorgen und Nöte auskam. Schaut zurück auf eine Welt, die genug Raum für Träume und Phantasie bot. Die Ansicht (oder Tatsache?) „Kindheit – die schönste Zeit im Leben“ ist nicht ohne Grund in fast jedem Menschen tief verwurzelt.
Auf eure Reaktion bin ich sehr gespannt – ich warte auf euch im Leuchtturm und halte die Augen auf!
Liebe Grüße,
Olli
Ein schöner Beitrag! Märchen sind wirklicht etwas tolles und gerade in den letzten Jahren entdecke ich meine Liebe zu Märchen wieder neu. Als ich Kind war, gab es kaum einen Abend, an dem mir meine Mutter nicht mindestens ein Märchen erzählen musste. Zum einen fand ich die übernatürlichen/ Fabelwesen und die Magie natürlich großartig, zum anderen mochte ich die Botschaft, dass selbst in den ausweglosesten Situationen etwas Hoffnung besteht. Nicht zuletzt habe ich – vor allem bei Aschenputtel – geliebt, dass die Guten bzw. die Gerechtigkeit siegt. Heute als Erwachsene schätze ich an Märchen vor allem auch die darin vermittelten Werte, die auch mich im Nachhinein betrachtet sehr geprägt haben, sowie ihre Zeitlosigkeit und dass man bei jedem Märchen auch Verbindungen zur eigenen Lebenswirklichkeit herstellen kann.
Schade finde ich nur, dass inzwischen viele Kinder – gerade aus bildungsfernen Schichten – die klassischen Märchen gar nicht mehr kennen. Wie oft habe ich in Projekten in Grundschulen erlebt, dass die Kinder zwar die (Disney-)Verfilmungen von Märchen in- und auswendig kannten, aber das Originalmärchen nie vorgelesen bekamen und so beispielsweise tatsächlich denken, dass im Originalmärchen von Rapunzel ein sprechendes Chamäleon vorkommt und Rapunzel den Prinzen mit einer Bratpfanne erschlägt. In solchen Projekten habe ich dann auch oft gemerkt, dass sich die Kids mehr für die Slapstick-Comedy in den Filmen interessieren als für die Handlung und dass die eigentliche Bedeutung von Märchen oft verloren geht, dass also der Zauber, den wir als Kinder beim Hören und Lesen der Märchen erlebten, viele Kinder von heute gar nicht erreicht.
Danke Kathrin! Du sprichst gerade die Problematik an, die Pädagogen und Erzieher Tag für Tag vor allem in den Kitas beobachten können. Oftmals habe ich den Eindruck, dass ich als Erzieher höchstwahrscheinlich der einzige Erwachsene bin, der den Kleinen aus Märchenbüchern vorliest. Natürlich gibt es – Gott sei Dank – ein paar Ausnahmen. Doch letztlich ist der Griff zur Fernbedienung des DVD-Players näher, als der Griff ins Bücherregal. Eines jedoch darf nicht vergessen werden – die Zeit ist stets im Wandel und viele von uns sind gerade erst dabei, die „neuen Medien“ im Alltag sinnvoll einzusetzen. Wir können also festhalten, dass auch wir – vor allem die älteren Generationen – in dieser „neuen Welt“ noch mit Kinderschuhen unterwegs sind.
Nichtsdestotrotz sollte man jedoch froh darüber sein, dass Kinder noch immer für den Zauber von Märchen empfänglich sind. Sie begeistern sich für die Disney Adaptionen oder für Märchen und Fantasy-Geschichten, wo ältere Generationen vielleicht die Stirn runzeln oder gar den Kopf schütteln. Letztlich ist es jedoch ihre Erfahrung und ihre neue eigene Welt, die sich ihnen erschließt. Es sind ihre ganz persönlichen Träume und Wünsche die hier „gestrickt“ werden. Dass sie diese Erfahrung machen dürfen, ist bereits ein großer Schritt in die richtige Richtung. Womöglich wird diese neue Generation ebenso wie wir heute in späteren Jahren nur noch mit dem Kopf schütteln, wenn es um Erzählungen und Geschichten geht, die künftige Generationen fesseln und begeistern. So war es stets und so wird es wohl auch immer sein! 😉
Interessant, dass du meine Erfahrungen bestätigst – dann waren meine Erlebnisse also nicht nur regionale Erscheinungen oder Ausnahmefälle.
Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, wenn Kinder die Diney-Versionen (oder andere Verfilmungen) sehen. Ich bin auch mit Disney groß geworden und liebe die Klassiker des letzten Jahrhunderts noch immer. Zwar sind auch mir die neuen Disneyfilme manchmal zu bunt, aber ich weiß, dass gerade das bei den meisten Kinder ankommt – unsere Eltern haben damals auch den Kopf darüber geschüttelt, dass wir uns für die quietschegelben Simpsons begeistern konnten. Und du hast recht: Jede Generation braucht ihre eigenen „Helden“/Trends – letztlich ist es ja auch das, was einen später gerne in Erinnerung schwelgen lässt.
Dass Märchen generell noch fesseln, ist letzlich wichtig, da geb ich dir vollkommen recht. Ich finde es eben nur schade, dass viele Kinder die Originale nie gehört haben und es mittlerweile viele Familien gibt, in denen den Kindern nicht vorgelesen oder erzählt wird. Für mich gehörte das allabendliche Märchenerzählen oder Vorlesen dazu, es war ein richtiges Ritual, über das meine Mutter und ich uns heute manchmal noch unterhalten. Und viele meiner damaligen Lieblingsmärchen kann ich heute noch fast auswendig. In diesem Zusammenhang muss ich gerade an eine kürzliche Millionenfrage bei „Wer wird Millionär denken“ – dort wurde nach einem Märchen gesucht, in dem die Diener stolpern und dadurch das Mädchen retten. Ich dachte erst, das sei ein Scherz, da ich die Lösung unglaublich einfach fand, aber es stellte sich heraus, dass der Kandidat und auch einige Leute im Publikum nicht wussten, in welchem Märchen so ein Ereignis vorkommt – in dem Moment wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, da es sich mit „Schneewittchen“ ja um eines der bekanntesten Märchen handelte. Es sind also letzlich nicht nur die heutigen Kinder, die die Orignalmärchen nicht kennen…
Oh ja – diese Folge haben Tanja und ich auch gesehen und – ja – auch ich musste meinen Kopf schütteln. Das Vorlesen sollte einen größeren Raum einnehmen. Nicht nur in Kitas oder dem Vorschulbereich! Digitalisierung und neue Medien könnten jedoch auch eine neue Chance bieten, dieses „angestaubte“ Image aufzupolieren. Wenn es das gute alte Märchenbuch nicht sein soll (oder kann), ist es halt das E-Book, welches auf dem Nachttisch des Kinderzimmers zu finden ist. Wie ich bereits schrieb, stecken wir noch in den „Kinderschuhen“ dieser neuen Entwicklung und Technologie. Mit der Zeit wird sich das sicherlich auch noch ändern. Ich bin gespannt!
„Nicht nur in Kitas oder dem Vorschulbereich!“ Das kann ich nur unterstreichen, v.a. wenn ich sehe, was Erzieher und Lehrer heute alles leisten sollen – es geht nicht länger nur noch um das Pädagogische, das Vermitteln von Werten und Wissen, sondern häufig auch um die Klärung familiärer Probleme und bei so manchen Eltern hat man das Gefühl, dass sie die Erziehung ihrer Kinder allein die Hände von Pädagogen geben und sich selbst eher zurückhalten. Aber Erzieher und Lehrer können nun mal nicht alles übernehmen. Und gerade jetzt durch Smartphones und Tablets hätten Familien ja auch die Möglichkeiten, Kinder auf anderen Wegen für Geschichten und ähnliches zu begeistern. Ein befreundetes Pärchen nutzt beispielsweise gemeinsam mit der Tochter das iPad – da ist dann auch immer ein gegenseitiges Lernen zu beobachten und nicht zuletzt verbringen Eltern und Kind dadurch viel Zeit miteinander. Aber solche Familien sind wohl eher die Ausnahme. Man kann also wohl wirklich nur abwarten – und bis dahin auf Erzieher, Lehrer und andere Pädagogen bauen, auch wenn die selten die zeitlichen und finanziellen Mittel haben, um alles umzusetzen, was nötig oder interessant wäre.
Gefragt nach meinen Lieblingsmärchen fallen mir zuerst die ein, die mich als Kind zum lachen brachten – ‚Von einem, der auszog, das Gruseln zu lernen‘ und etwas Ekliges ins Bett geschüttet bekam zum Beispiel. Erzählte mir meine Großmutter das Märchen, konnte ich immer und immer wieder lachen. Oder die Bremer Stadtmusikanten. Die mit den grausamen Details hingegen (auch wenn nur Randeffekte wie die abgehackten Fersen bei Aschenputtel) konnte ich eigentlich nie gut hören.
Eine schöne Anregung in dem Beitrag hier, einmla wieder darüber nachzudenken!
Herzliche, märchenerinnerungsdurchwehte Abendgrüße von
Marlis
Hallo Marlis!
Erst einmal eine dicke Entschuldigung dafür, dass ich mich erst jetzt für Deinen Kommentar bedanke. 😉
Deine Worte erinnern mich daran, dass auch ich gern an die ersten Leseerfahrungen zurückdenke. Wenn ich an diese Zeiten denke, wird mir schlussendlich bewusst, dass dies der Startschuss für die eigenen „Bücherwurm-Tage“ war. Ich gab mich nicht mehr damit zufrieden, Geschichten erzählt zu bekommen – ich wollte meine eigenen Erfahrungen mit dem Blättern durch geschichtsträchtige Seiten erleben und durchleben. Ich wollte sowohl die Rolle des Helden, als auch die Rolle des Schurken besser verstehen lernen.
Auch wenn ein paar Tage (oder gar Jahre?) vorüberzogen, in welchen das Buch nicht die höchste Priorität genoss – mit 15 oder 16 Jahren kommen einem heranwachsenden Jungen ganz andere Interessen in den Sinn – fand ich den Weg letztlich zurück in die Welten, die mich bereits in jungen Jahren so unglaublich faszinierten. Vielleicht ist der Wunsch in jedem von uns tief verwurzelt, nämlich: Das Gute siegt über das Böse!
In Zeiten, in denen die Nachrichten von schlechten Meldungen vollgestopft sind und man auf offener Straße scheinbar keines Blickes gewürdigt wird, finden viele von uns einen fast ruhebringenden Trost in den Seiten eines Buches – Märchen sind hier so etwas wie der Traubenzucker der Glückseligkeit, da das Gute immer wieder einen Weg zu finden scheint.
Vielleicht sollten wir diese Gedanken und Geschichten weiter ehren, in dem wir stets mit einem Lächeln auf den Lippen durch unsere Straßen wandern und freundlich auf die Menschen zugehen, welche uns auf unseren Wegen begegnen, nicht wahr?
Liebe Grüße,
Olli