Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen

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Wir leben in einem neuen Zeitalter! Die technischen Errungenschaften, allein in den letzten 30 Jahren, haben unser Leben wahrlich vereinfacht. Unser Leben ist durch verkürzte Arbeitsprozesse, dank der fortschrittlichen Technik, eigentlich angenehmer und entspannter geworden – – – oder nicht?

Prof. Dr. Dr. Spitzer, ein oft zitierter und angesehener Hirnforscher, weißt in seiner neuesten Publikation auf einen Zustand hin, welcher durch südkoreanische Ärzte bereits vor fünf Jahren als “Digitale Demenz” bezeichnet worden ist. Hierbei handelt es sich vor allem um die Abhängigkeit von neuen Medien wie z. B. dem Handy, I-Phone oder Internet.

Wer das bisherige Lebenswerk Spitzers betrachtet, kann eigentlich nicht weniger tun, als “seinen Hut ziehen”. Dieser Mann, welcher regelmäßig als Gast in Gesprächsrunden, Talk-Shows oder Podiumsdiskussionen auftritt, erläutert in seinem Buch die teils schwerwiegenden Folgen vom übermäßigen Gebrauch bzw. Konsum der neuen Medien. Nichtsdestotrotz gibt es jedoch genügend Anlass für mich Kritik zu äußern. Hierbei stelle ich persönlich die Ergebnisse von anerkannten Professoren und Wissenschaftlern in keinerlei Weise infrage. Vielmehr versuche ich in einem schlichten Satz meinen Hauptkritikpunkt einzuleiten:

“Der Ton macht die Musik!”

Während meiner Lektüre musste ich mich oftmals stirnrunzelnd hinterfragen, warum ein so angesehener Mann wie Herr Spitzer in Polemik, ja fast schon in Sarkasmus, abdriftet. Natürlich kann man anhand der aufgezeigten Statistiken und den Ergebnissen der Hirnforschung feststellen, dass der übermäßige Gebrauch schädlich für unseren Körper ist. Doch wo ist der Lösungsansatz? Liegt es an der mangelnden Aufklärung? Liegt es vielleicht daran, dass weder Eltern noch Lehrkräfte über notwendiges Wissen im Bereich der EDV verfügen, um mit den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen verantwortungsvoll diesen neuen Arbeits- und Lernbereich aufarbeiten zu können? Wie verwende ich diese neuen technischen Errungenschaften und hat “Medien-Pädagogik” eine Zukunft?

Fakt ist doch, dass diese Form der Nutzung und des Konsums noch “in Kinderschuhen” steckt. Selbst anerkannte Psychologen konnten sich bisher auf keine feste Diagnostizierung einigen, wenn es sich z. B. um “Online-Sucht” handelte. Bereits Mitte der 90er Jahre wurde erstmalig ein Psychologe aus New York, Ivan Goldberg, auf dieses “Phänomen” aufmerksam – wobei es sich eigentlich nur um einen Scherz handelte. Er hatte selbst eine E-Mail verfasst, welche er an Kolleginnen und Kollegen seines Berufsstandes verschickte. Darin beschrieb er den übermäßigen Gebrauch von Arbeitsmitteln wie z. B. dem Computer und den daraus resultierenden hohen “Sucht-Faktor”. Er war sich daher sicher, dass die Klassifizierung gemäß der anerkannten ICD-10 (Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) auch hier Anwendung finden würde. Wie gesagt – eigentlich war diese Mail als Scherz versendet worden. Die Reaktion war jedoch, dass viele Antworten die Vermutungen Goldbergs bestätigten.

Herr Spitzer hat in seinem Sachbuch den Versuch unternommen, Missstände und die fehlerhafte Verwendung von neuen Medien wie z. B. in Grundschulen aufzuzeigen. Hierbei schreckt er jedoch nicht vor teils übertriebener Polemik zurück. Oftmals wirkt der Autor in seinen Äußerungen wie Don Quichotte im Kampf gegen die Windmühlen. Politik, Medien und die Wirtschaft stellen sich ihm in den Weg! Doch durch seine Arbeitsergebnisse und Statistiken sieht er sich in diesem “Kampf” als vermeintlichen Sieger – Schwert (Fachexpertise) und Schild (Fakten und Statistiken) fest in der Hand!

Doch wo ist hier der pädagogische oder helfende Lösungsansatz (die Prävention) für verantwortungsvolle Eltern, Lehrkräfte und Pädagogen? Die nüchterne Aufzählung von Tabellen, Statistiken und Ergebnissen aus unterschiedlichen Quellen des Autors, wird durch “Anekdoten” und Aussagen des Verfassers weiter aufgefüllt, ohne jedoch einen Lösungsansatz liefern zu können.

Warum?

Wenn sich interessierte Leserinnen und Leser ein “eigenes Bild” machen möchten, laufen sie ernsthaft Gefahr, von Fachliteratur “erschlagen” zu werden. Viele Autoren (darunter viele anerkannte Pädagogen und Wissenschaftler) haben sich – ebenso wie Herr Dr. Spitzer – in eigenen Büchern und Publikationen geäußert. Warum sollte also ausgerechnet “Digitale Demenz” eine Pflichtlektüre sein?

Durch den “Stil” seiner Arbeit und den damit verbundenen TV-Auftritten hat Dr. Spitzer sich sicherlich Gehör verschaffen können. Er sorgte so für ein breites und gut hörbares Echo in unserer Medienlandschaft. In Sendungen wie z. B. bei Günther Jauch konnte er werbewirksam über seine Arbeit berichten und sich Diskussionen stellen. Regelmäßig sendet Bayern alpha eine viertelstündige Sendung mit ihm als Moderator. Dem breiten Publikum ist er somit eher ein Begriff, als andere Wissenschaftler und Psychologen. Dieser “Vorteil” zeigt sich meines Erachtens auch in den Verkaufszahlen seines letzten Werkes.

Fazit:

Ich habe höchsten Respekt vor Herrn Prof. Dr. Dr. Spitzer und seiner Arbeit. Lösungsansätze findet man jedoch in “Digitale Demenz” in keinerlei Weise! Vielmehr bekommt der Leser das Gefühl vermittelt, dass (trotz gegenteiliger Meinung des Autors) die “Digitalisierung” eine Art Geißel sei, derer man sich entledigen müsse. Es wirkt fast trotzig, wenn Spitzer über Veröffentlichungen anderer Autoren schreibt, welche in den neuen Medien eher eine Chance sehen, auch pädagogische Arbeitsweisen mit einfließen zu lassen. Aufgeschlossenheit und ein “angemessener Ton” hätten diesem Buch sicherlich eine bessere Bewertung beschert. Somit bleiben für Statistiken und Fakten lediglich 2 von 5 möglichen Sternen.

x Autor/in: Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer
x Titel: Digitale Demenz
x Genre: Sachbuch
x 367 Seiten
x Droemer Verlag
x ISBN: 978-3-426-27603-7

*aus dem Original-Beitrag vom 21. Dezember 2012

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