[Challenge] Gesammelte Schätze 2014 – März

Das Projekt „Gesammelte Schätze 2014“ wird diese Jahr von Tialda (Bibliofeles) weitergeführt. Hier sind meine Buchschätze aus dem Monat März.

Der Kanal von Lee Rourke aus dem mairisch Verlag

„Ich habe eines Morgens beschlossen, anstatt wie üblich zur Arbeit
zum Kanal zu gehen.“ S. 7

Es war Freitagnachmittag. Die gleichen Leute – ich erkannte ihre Gesichter, ihre Fahrräder und ihre Anzüge wieder – die ich am Morgen gen Central London und Islington hatte streben sehen, waren jetzt auf dem Rückweg nach Hackney und Umgebung, vorbei an der Bank, unter der rostenden Eisenbrücke hindurch, an den Kanadagänsen, vorbei an den Blesshühnern, den Teichhühnern, dem weißgestrichenem Bürogebäude und den trendigen, seelenlosen Wohnungen.
Sie fragte: „Warum kommst du jeden Tag her? Früher warst du nie hier…“
Mein rechtes Bein begann zu zittern, ich wusste nicht, was ich sagen sollte Ich sah sie an. Sie sah mich an. S. 18

Lieber Richard,
ich kann so nicht weitermachen. Ich sehe keinen Sinn darin. Ich erwarte nicht, dass du meine Gefühle nachvollziehen kannst. Die Arbeit langweilt mich. Punktum. […]
Mach`s gut. Über Langeweile zu schreiben langweilt mich.

Es grüßt dich
ein glücklicher Mensch S. 27

Ein Teelöffel Land und Meer von Dina Nayeri aus dem mare Verlag

Khanom Basir – Es liegt alles am Blut
„Die kaspische Luft macht uns stark. Diese Frische – grüner Shomal, sagen sie, nebliger, regnerischer Shomal. Und ja, manchmal verstehen wir es auch, uns langsam zu bewegen. Manchmal weren wir wie das Meer von unsichtbaren Lasten niedergedrückt. Wir tragen Körbe mit Kräutern auf dem Kopf, schwanken unter Koriander, Minze, Bockshornklee und Schnittlauch, und wir hetzen uns nicht.“ S. 17

„Auf dem Balkon pflückten die Mädchen oft büschelweise Geißblatt, das an den Hauswänden rankte, und saugten die Blüten aus wie Bienen, lasen ihre fremdländischen Bücher und heckten Streiche aus. Sie trugen ihre lila Teheraner Sonnenbrillen, ließen ihr langes schwarzes Haar lose über nackte, sonnengebräunte Schultern fallen und aßen Schokolade, die es jetzt längst nicht mehr gibt. Dann stellte Mathab meist irgendwelchen Unfug an, dieser kleine Teufel.“ S. 19

Sommer 1981

„Da wohnt Mathab jetzt“, sagt sie und betrachtet den opulenten Speisesaal mit seinen üppigen Vorhängen und glitzernden Dekozweigen und befrackten Männern. Die anderen schweigen einen Moment, dann murmelt Reza: „In dem Haus von dem Schah?“
„Ich mein doch nicht genau da“, sagt sie. Sie holt zwei andere Zeitschriften hervor, die sie in ihren Rucksacktaschen versteckt hatte. Sie blättert die Seiten durch, die alle typische Bilder amerikanischen Lebens zeigen – wallendes Haar und Farbfernseher. Cabrios und Apfelkuchen. Hamburger, Zigaretten und stapelweise  Musikkassetten. Eine ausdruckslose Statue mit einer Fackel in der Hand.  […] S. 44

Also jetzt kommen ein paar Dinge die ihr schon wisst:
Zunächst mal wisst ihr, dass Maman und Mathab sich ganz kurzfristig für die Ausreise nach Amerika entschieden haben. Niemand von uns konnte voraussehen, dass sie nötig werden würde. Deshalb ist davon auszugehen, dass sie im letzten Monat so einiges zurückgelassen haben: iranisches Geld, das so gut wie wertlos ist (falls Baba recht hat), und Zeugnisse von bedeutenden iranischen Universitäten, die nutzlos sind, weil sie da drüben Harvard haben.“ S. 48

Khanom Basir aus dem Kapitel Sonne-Mond-Mann

„Weißt du was? Da hab ich den Sonne-Mond-Mann gesehen“, sagte Mathab mit einem beiläufigen listigen Blick. Saba unterbrach Mathab nicht, als die erzählte, wie sie ihn gesehen hatte, in einem gelben Hemd und der gelben Hose und mit dem gelben Korb, in dem er die Sonne und den Mond aufbewahrte. Sie leckte nur weiter Honig von ihrem Teelöffel, und Mathab sprach über die Werkstatt des Sonne-Mond-Mannes, in der es Seile und Knöfpe und Hebel gab, einen großen Teekessel und überall Papiere. Dann brachte Mathab Saba das Lied bei, das man singen muss, damit er schneller arbeitet. „Hey, MrSonne-Mond-Mann, häng die Sonne für mich auf.“ Sie sang es zur Melodie von einem ihrer ausländischen Lieblingslieder, das „Mr Tambourine Man“ hieß,wie ihre Mutter sagte. S. 58

Nach dem großen Verlust ihrer halben Familie hat Saba mich mal gefragt: „Wie oft müsste ich mit dem Teelöffel schaufeln, um den ganzen Weg von hier nach dort zu kommen?“ Sie hielt den Löffel so zur Erde gerichtet, als wollte sie gleich damit anfangen, sich zu ihrer Schwester durchzugraben. S. 58

Das Buch ist voll von schönen Worten und Sätzen. So ist das mit Dina Nayeris Debüt „Ein Teelöffel Land und Meer“. Sie könnten mit Sicherheit ein ganzes Notizbuch füllen.

Das soll es dann gewesen sein. Bis zum nächsten Mal!

Liebe Grüße an alle Leser und Schatzsucher,
Tanja

Veröffentlicht von Tanja

Bücher lesen, fotografieren, Musik hören, das Meer - das brauche ich wie die Luft zum atmen.

2 Kommentare

  1. Die Zitate aus „Der Kanal“ sind wirklich toll. Nachdem du mich ja schon durch deine Rezension für das Buch begeistern konntest, bin ich durch die Zitate nun endgültig davon überzeugt, dass ich dieses Buch einfach lesen MUSS! :)Ich hoffe, euch geht es gut und ihr genießt das lange Wochenende?!Ich wünsche euch beiden sehr entspannte, sonnige Ostertage im Kreis eurer Lieben!Viele GrüßeKathrin

  2. Hallo Kathrin,ich hoffe dir wird „Der Kanal“ gefallen – Die Geschichte ist sehr philosophisch, auch widersprüchlich – du beginnst nachzudenken versuchst zu verstehen, denkst es zu verstehen. Aber das Ende… – würde man mich fragen ob es ein unbedingtes Muss ist das Buch zu lesen, würde ich sagen: Jain! Man fühlt sich kurzweilig gut unterhalten. Für unterwegs: Auf jeden Fall! Danke dir. Ich hoffe du hattest auch schöne und sonnige Ostertage. Bestimmt, oder? Selbst in Hamburg schien die Sonne. Wahnsinn! Liebe Grüße auch von Olli. 😉

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