Im Bezug auf das Projekt „Gesammelte Schätze“, im Allgemeinen und überhaupt möchte ich folgendes loswerden: Tanja von Bibliofeles hatte vor kurzem einen schweren Verkehrsunfall, und ich möchte sagen, wie froh wir darüber sind, liebe Tanja, dass du das alles heil überstanden hast, und aus diesem Grund eine zwar ungewollte aber erkenntnisreiche Sommerpause eingelegt hattest. Schön dass du wieder zurück bist.
Nun zu unseren zusammengetragenen Schätzen aus den letzten beiden Monaten.
Gesammelte Schätze 2014 – August
Joachim Ringelnatz – Gedichte und Prosa
Es rauscht wie die Freiheit. Es riecht wie Welt –
Naturgewordene Planken
Sind Segelschiffe. – Ihr Anblick erhellt
Und weitet unsere Gedanken.
– aus dem Gedicht Segelschiffe S. 131
„Abenteurer, wo willst du hin?“
Quer in die Gefahren,
Wo ich vor tausend Jahren
Im Traume gewesen bin.
Ich will mich treiben lassen
In Welten, die nur ein Fremder sieht.
[…] S. 124
Gesammelte Schätze 2014 – September
Doctor Sleep – Stephen King
Zum Einstieg in Doctor Sleep weist Stephen King mit einem Zitat aus dem blauen Buch der Anonymen Alkoholiker auf den Inhalt hin. Die liebsten und schönsten Zeilen, welche Oliver nur ungern zitieren möchte, befinden sich auf den letzten Seiten.
„Wenn wir leben wollen,
müssen wir uns von Zorn befreien.
[…] Andere Menschen können sich diesen zweifelhaften Luxus leisten […]
Astrid Rosenfeld – Elsa ungeheuer
Der Herausgeber eines Kunstmagazins, ein unbedeutendes Blättchen, [..] widmete mir eine Doppelseite:
*Graham – Das kapitalistische Herz einer Sammerlerin.* Dort hieß es, ich sei zu profitorientiert um den Zeitgeist zu verstehen. Ich sei unfähig, die Aufgabe der Kunst – durch Vergängliches die Vergänglichkeit zu symbolisieren – auch nur ansatzweise zu begreifen. Ich habe der Redaktion einen Brief geschrieben: „Das Leben selbst ist das stärkste Symbol der Vergänglichkeit. Möge sich also die Kunst, die Fiktion, in den Dienst der Ewigkeit stellen und festhalten, was sonst für immer verlorengehen würde.“ Der Brief wurde nie abgedruckt. Mrs. Graham lächelte ironisch.
„Also soll sich die Zeit der Kunst unterwerfen und nicht die Kunst der Zeit?“ Sebastian lächelte nicht minder ironisch.“
„Richtig, Mirberg, und der Moment wird Ewigkeit.“ S. 116
Zwei Tage vor Weihnachten weckte mich das Murmeltier in aller Herrgottsfrühe. „Karl, aufstehen, aufstehen. Schnell. Lauf los, sag deinem Bruder Bescheid, und dann hol Elsa. Es ist so weit. Ich habe Erkennnis erlangt..“
Sogleich stürmte ich die Treppen hinunter, in Lorenz` Zimmer hinein und rüttelte ihn wach. „Das Murmeltier hat Erkenntnis erlangt“, rief ich atemlos. In Schlafanzug und Hausschuhen rannte ich durch den Schnee zu den Gröhlers. Wie schnell mich meine dicken Beinchen trugen. Ich riss das grüne Gartentor auf, erklomm den Hügel und klopfte gegen das Erkerfenster. Erst sachte, dann immmer fester, bis Elsa öffnete.
„Bist du verrückt geworden, Fetti“, schnazte sie mich an. „Das Murmeltier hat Erkenntnis erlangt!“ Ein Freudenschrei. Elsa schnappte sich die alten Holzclogs und kletterte aus dem Fenster. Mehr als einmal rutschten wir aus. Und jeden Sturz quittierten unsere vor Adrenalin leicht gewordenen Körper mit einem hysterischen Lachanfall. Keuchend kamen wir zu Hause an. S. 130
Als ich Kind war, haben sie mir gesagt, dass ich alles werden kann.
Als ich Kind war.
Als ich Kind war, erträmte ich mir ein Leben in den Lüften.
Sie haben gesagt, dass ich alles werden kann.
In den Lüften wollte ich segeln.
Als ich Kind war. S. 172
April – Angelika Klüssendorf
Im folgenden Zitat geht es um Aprils Wohnungssuche und um eine Haushaltsauflösung zweier Damen, die sich -so wie man sagt – gemeinsam das Leben nahmen. Lange spuken die beiden Frauen April im Kopf herum.
Sie malt sich aus, wie sie in den Zwanzigerjahren gelebt haben, stellt sich Künstler und Dichter vor, Charleston, Opiumhöhlen, Künstlerinnen mit Zigarettenspitzen im Mundwinkel, träumt sich selbst in die Salons hinein, sieht sich als Dichterin in dieser Runde, eine zweite Else Lasker-Schüler. In ihrer Traumwelt gesteht sie sich zu, eine Dichterin zu sein. Diese Ebopche übt eine starke Anziehung auf sie aus, Wahnsinn und Dichtung so nach beieinander, der Wahnsinn, so scheint es, Voraussetzung für die Kunst. Doch in Wirklichkeit sind ihr die eigenen Verrücktheiten nur hinderlich beim Schreiben, verstellen klare Gedanken, verbergen die Worte hinter einem Vorhang aus verbrauchten Metaphern. S. 87
Als der Zug in Westberlin hält, sehen sie einander an , ehe sie aussteigen; nun ist nichts mehr rückgängig zu machen, besagen ihre Blicke. Sie sind müde und gespannt zugleich. Auf dem Bahnsteig hat April das Gefühl, einen riesigen Lampenladen betreten zu haben, das grelle Licht schmerzt in ihren Augen. Sie meint die Stromleitungen summen zu hören, doh das Summen ist in ihrem Kopf. S. 157
Weitere Infos zum Projekt “Gesammelte Schätze” gibt es auf dem Weblog Bibliofeles.
Oh.. jetzt bin ich ganz verlegen…
Ich bin auch froh, dass alles nochmal gutgegangen ist und fahre mittlerweile sogar wieder (wenn auch etwas ängstlich).
Die Sommerpause gabs aber nicht wegen dem Unfall, sondern weil ich mir zu viel Arbeit und Streß aufgeladen hab – der Unfall fand ja in der Pause statt und hat mir aber nochmal gezeigt, dass ich WIRKLICH langsamer machen und nicht immer schon 5 Gedanken weiter sein sollte…
Viele Menschen sind eher auf der Flucht, als dass sie mal stehen bleiben, sich umschauen, den Moment genießen. Wir hetzen nur noch durch das Leben. Blacky Fuchsberger zum Beispiel, lebte nach einem Motto eines englischen Jockeys: „Nimm nicht jede Hürde auf einmal. Dabei brichst du dir nur das Genick.“
Lieben Gruß,
Olli