„Peters Never Never Never Land“
In „The Little White Bird“ (1902) tritt Peter Pan erstmals durch seinen kreativen Schöpfer James Matthew Barrie in Erscheinung. Ursprünglich handelte es sich dabei um ein Märchen für Erwachsene. In „Der Kinderdieb“ erzählt der Autor, bekannt unter dem Künstlernamen BROM, die moderne Geschichte des Peter Pan (inspiriert durch J.M. Barrie), nämlich die eines charismatischen Soziopathen. Im Gegensatz zum Original ist der Handlungsort nicht London, nicht der Kensington Garden, sondern New York.
Leise wie ein Schatten streift er durch die Straßen. Peter ist auf der Suche nach Kindern, die dringend seine Hilfe brauchen und lockt sie durch die dichten und gefährlichen Nebel Avalons – hinein in seine magische Welt. Der Junge mit den goldschimmernden Augen verlangt zunächst lediglich die Zustimmung der Kinder; niemand erahnt auch nur im geringsten seine wirklichen Absichten. Die Kinder dürfen ihn nur begleiten, wenn sie aus freien Stücken mitkommen. Es gibt kein zurück! Peter verrät nicht, dass Avalon im Sterben liegt, und dort nicht nur magische Geschöpfe und das Abenteuer ihres Lebens auf sie wartet. Nick, der sich ebenfalls auf das verlockende Angebot eingelassen hatte, wird schon bald klar, dass das sein größter Fehler war.
Die Gewalt und Brutalität wird durch den Autor in düsterer harter Realität dargestellt. Intelligent und schonungslos zugleich. Dieser Welt wohnt aber auch der Zauber aus den uns bekannten Mythen und Legenden inne. Zumindest eine kleine Prise. Horror, Wirklichkeit, Abenteuer und Fantasie vereint. Es ist aber nicht dass erste böse poetische Märchen, oder? Um nur ein Beispiel aus der Originalfassung der Gebrüder Grimm zu nennen: Der Wolf tötete zuerst die Oma, portionierte ihr Fleisch und servierte das leckere Mahl Rotkäppchen zum Dinner. Und der Schlusssatz endet mit: „Und wenn sie nicht gestorben sind… .“ Ich stelle mir die Frage, wie weit ein Jugendbuch das Böse und die Brutalität schildern darf? Der Kinderdieb führt natürlich auch vor Augen, wie schnell die Hemmschwelle der verlorenen Kinder schwindet. Sie wollen sich als neues Mitglied einer Gruppe bewähren, und machen dafür alles um anerkannt und vor allen Dingen geliebt zu werden. Genau wie der Junge mit den goldschimmernden Augen, wie das arme Mädchen, die von ihrem Vater mißbraucht wurde und wie der heimatlose Nick.
Broms Erzählstil hat mich beeindruckt, gefesselt und auf ein weiteres Buch aus der Feder des Autors hoffen lassen. „Der Kinderdieb“ wird auf ewig ein Teil unserer Büchersammlung bleiben, weil ich zwischendurch immer wieder das Bedürfnis habe, es ein weiteres Mal zu lesen. Zumindest alle zwei Jahre. Ob Krampus mich ebenfalls begeistern würde?
BROM ist nicht nur Autor, er ist auch Künstler. Viele seiner Zeichnungen kann man in „Der Kinderdieb“ oder auf seiner Homepage bestaunen, genauso wie seine Lobeshymne zu J.M Barrie und die Idee über den düsteren, den wirklichen Peter Pan zu schreiben.
Wen auch immer ich mit meiner Rezension begeistern kann, ich wünsche viel Freude beim Lesen.
x Autor/in: BROM
x Titel: Der Kinderdieb
x Übersetzer/in: Jakob Schmidt
x Genre: Jugendbuch (ab 15 Jahre)
x 646 Seiten
x PAN Verlag
x ISBN: 3426283298